§ 28 Von einer unruhigen Zeit

Am 24. Februar d. J. wurde Louis Philipp, König der Franzosen, vertrieben und eine Republik eingerichtet. Das gab böses Blut in ganz Deutschland und Preußen. In allen Städten Unruhe, so auch am 18 März in Berlin, wobei an 6000 Menschen blieben. Der König bewilligte dem Lande zur Beruhigung Entlassung aller Minister, eine allgemeine Pressfreiheit und verhieß, sich an die Spitze Deutschlands zu stellen, um die intelligenten Wünsche des Volkes zu befördern.

Am 18. März war hier Auflauf wegen Erhaltung alter Gerechtsame in dem Schwarzburger Kopf; Gesuch an den Herrn Grafen v. Hagen um Bewilligung Laub, Raff- und Leseholz und Stämme spalten; Landrath und Gensdarmen anwesend. Am 22. März Vernichtung der Utensilien in dem Kloster zu Worbis durch eine Rotte aus Breitenbach; am 24. ejusdem: Allgemeiner Auflauf wegen erwarteter Raubbanden, wogegen sich jedermann mit Waffen versah. Der Angriff war auf das Gräfliche Gut gemünzt, sowie dann im ganzen Fürstenthum Schwarzburg, im Weimarischen, in Cassel und Hannoverschen, theils die Fürsten, theils die Edelleute um viele Bewilligungen und Aufgeben aller Gerechtsame von bewaffneten Scharen gezwungen wurden. Am 25. März Gesuch der Gemeine an den Fürst zu Schwarzburg wegen Überlassung des Schwarzbuger Kopfes. Gewaltigeres begab sich am 18. und 19. März in Preußens Hauptstadt Berlin, wie vorliegendes Blatt meldet.
Es scheint nun, als wenn Berlin dem ganzen Lande Gesetze geben will. Dagegen gingen Protestationen herum mit Unterschriften, und ist überhaupt in den Ansichten der Stimmführer ein ungeheurer Leichtsinn, ja Wahnsinn enthalten.

In der Kreisstadt Worbis erschien der Regierungsdeputirte von Nostitz, um die Wünsche der Gemeine zu hören. Gleichzeitig wurden durch angemessene Trup-penabtheilungen die Rädelsführer von den Banden aufgegriffen, welche in Kloster Zelle, Uhder, Teistungen, Berlingerode, Worbis, Königsthal, Wenderhütte usw. theils an Waldungen, theils an Gebäuden der Edelleute schändliche Verwüstungen angerichtet hatten. Abführung nach Erfurt zur Strafe. Um nun eine Constitution für Preußen auf den breitesten Grundlagen zustande zu bringen, wurden durch Urwahlen in jedem Orte am 1. Mai Wahlmänner, und von diesen am 8. Mai ein Kreisdeputierter zum Landtage nach Berlin gewählt. Wahlmann des Dorfes war der Pastor Frantz und als Kreisdeputirter wurde der Gerichtsdirector Hendrich zu Heiligenstadt, zum Stellvertreter der Landrath vom Hagen zu Deuna gewählt.

Ersterer berief zum 18. Mai sämtliche Wahlmänner zur Besprechung, und wurden ihm von hier aus folgende Dinge ans Herz gelegt zur Beantragung und Befürwortung: Abgesehn von den nicht zu erwähnenden Grundbedingungen einer constitutionellen Monarchie:

1.) Aufhebung von Salzzwang und Salzsteuer,
2.) Aufhebung der untersten Steuerklasse von 11A Sgr., Einführung von Vermögenssteuer und Besteuerung der Geistlichen,
3.) Aufhebung der Feudallasten unter billigen Grundsätzen,
4.) Vertretung der Gemeine durch Deputationen,
5.) Gleichstellung der Landdeputirten auf Kreistagen mit den Rittergutsbesitzern,
6.) Vertheilung der größern Gerichtscommissarien, Regulirung des Spitalwesens, Aufhebung des eximirten Gerichtsstandes,Verminderung der hohen Gehalte und Pensionen, Einrichtung von Präfecturen statt der bisherigen Regierungen, Verminderung des stehenden Heeres,
7.) Regulirung des eichsfelder Grundsteuerkatasters,
8.) Minderung der Gewerbesteuer,
9.) Parcellirung großer Domainen in kleinere,
10.) Aufhebung der fiscalischen Pacht- und Lieferungscontracte,
11.) Besteuerung der Baumwolle,
12.) Aufhebung der Mindestlicitationen,
13.) Errichtung von Brand- und Baukassen auf Gegenseitigkeit,
14.) Verwendung disponibler Kirchengüter zu kirchlichen Instituten und Verbesserung der Schullehrerstellen bis 300 rt.,
15.) Befreiung der Geistlichen von Feldwirthschaft, denn Mistus ist’s Christus,
16.) Aufhebung der Accidentien,
17.) Fixierung des Gehaltes,
18.) Anlegung einer Apotheke in Niederorschel.

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